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2007 ff.
 

Adelheid Torhorst

TORHORST Adelheid-687  wurde am 16. August 1884 in Ledde geboren.  Sie starb am 11. Dezember 1968 in Berlin.

Über Adelheid Torhorst gibt es im Internet eine Reihe von Artikeln, ein Übersichtsartikel der Universität Bonn betont ihre Rolle in der Frauengeschichte:

„Promotion und Staatsexamen in Bonn, Lehrerin, Mitglied einer freigewerkschaftlichen Lehrerorganisation, 1919 Eintritt in die USPD, 1922 in die SPD, als Oberschulrätin Beigeordnete des Magistrats für das Berufs- und Fachschulwesen beim Provinzialschulkollegium in Düsseldorf, Engagement in der weltlichen Schulbewegung, 1931 Eintritt in die KPD, dort hauptamtliche Funktionärin für schulpolitische Arbeit.“

Marie Torhorst, die ihrer Schwester eng verbunden war, sie waren gemeinsam auch auf dem Internat in Keppel und beim Studium in Bonn, wo ihre Mutter wohnte, über ihre Schwester Adelheid:

"[Sie hatte sich] immer wieder die Frage gestellt, wie es in der Welt weitergehen müsse, damit die Menschen in Frieden und sozialer Gleichheit miteinander leben könnten. Wir fanden, daß die uns anerzogene bürgerlich-christliche Weltsicht keine realen Auswege zu zeigen vermochte. [...] Adelheid sah, daß nur auf sozialistischem Wege Veränderungen der Gesellschaft möglich sind. Mit der ihr eigenen Konsequenz vollzog sie die Abkehr vom Hergebrachten, über deren Notwendigkeit wir uns bereits in den letzten Kriegsjahren in intensiven Gesprächen einig geworden waren, durch ihren Eintritt in die USPD." [Quelle: Lehrgebiet Frauengeschichte, Universität Bonn, Internetauftritt, 2007]

Adelheid Torhorst stand – auch in der Familie -  immer ein wenig im Schatten ihrer Schwester Marie, der wir aber eine, natürlich positiv vorgeprägte, von Selbstlob und Eitelkeit nicht freie,  aber eben doch ausnehmend vielfältige und ihr wohl gerecht werdende Würdigung in ihren Erinnerungen verdanken. Eine bessere Biographie kann es nicht geben. Daher einige Zitate aus ihren Erinnerungen in einer Zuordnung für diese Internetseite, die jedoch nicht wirklich die Zusammenhänge wiedergeben können, wie sie Marie Torhorst gesehen und in ihren Erinnerungen, die Interessenten lesen sollten, hatte.
 

1910 ff.

Adelheid bestand im März 1910 ihre Reifeprüfung als Externe am Königlichen Realgymnasium in Trier und begann sogleich mit ihrem Studium in den Fächern Reine Mathematik, Angewandte Mathematik und Physik. Einige Semester studierte sie in Göttingen, wo damals weltberühmte Gelehrte in ihren Studienfächern tätig waren.

In Bonn führte sie ihr Studium bei dem international bekannten Mathematiker und Philosophen Eduard Study zu Ende..Ihre Doktorarbeit aus dem Gebiet der Reinen Mathematik bereitete ihr große Schwierigkeiten... Sie gab nicht auf, und mit der ihr eigenen Gewissenhaftigkeit und ihrem ungewöhnlichen fleiß erreichte sie ihr Ziel.

Im Oktober 1915 bestand sie die Doktorprüfung mit »summa cum laude«...Auch das Staatsexamen bestand sie 1918 »mit Auszeichnung«. 

Noch im gleichen Jahr ging sie als Lehrerin an die städtische Viktoria-Luise-Schule in Essen. Dort trat sie bald in eine freigewerkschaftliche Lehrerorganisation ein, von denen einige Mitglieder zur Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei Deutschlands gehörten. Ihnen schloß Adelheid sich an und besiegelte im Jahre 1919 ihre Abkehr von unserer bürgerlich-christlichen Weltanschauung.  Das ist nur auf den ersten Blick überraschend.

Im Elternhaus zu sozialer Gesinnung erzogen und gereift durch die Ereignisse im ersten Weltkrieg, hatte sie sich - oft in gemeinsamen Gesprächen mit mir - immer wieder die Frage gestellt, wie es in der Welt weitergehen müsse, damit die Menschen in Frieden und sozialer Gleichheit miteinander leben könnten. Wir fanden, daß die uns anerzogene bürgerlich-christliche Weltsicht keine realen Auswege zu zeigen vermochte. Angeregt durch Mitstudenten und schließlich durch SPD-Mitglieder in Essen, befaßte sich Adelheid mit sozialistischem Gedankengut und sah, daß nur auf sozialistischem Wege Veränderungen der Gesellschaft möglich sind. Mit der ihr eigenen Selbständigkeit und Konsequenz vollzog sie die Abkehr vom Hergebrachten, über deren Notwendigkeit wir uns bereits in den letzten Kriegsjahren in intensiven Gesprächen einig geworden waren, durch ihren Eintritt in die USPD und nach deren Auflösung im Jahre 1922 in die Sozialdemokratische Partei Deutschlands
 

1924 – 1931

Als Beigeordnete für das Berufs- und Fachschulwesen war Adelheid vor allem darum bemüht, für eine qualifizierte Berufsausbildung der Mädchen zu sorgen, um dadurch Voraussetzungen für eine.  Gleichberechtigung der Frauen im Berufsleben zu schaffen. Außerdem führte sie einen erfolgreichen Kampf gegen die Einführung des Religionsunterrichts in den Berufsschulen, die vom Kölner Erzbischof immer wieder gefordert worden war....

Adelheid hatte sich als langjähriges Mitglied der SPD der sogenannten Parteiopposition angeschlossen und beteiligte sich am Kampf gegen die reformistische Parteiführung. In diesem Sinne trat sie in vielen Arbeiterversammlungen des Rhein-Ruhr-Gebietes auf und war dort als erfolgreiche Rednerin bekannt geworden. Außerdem war sie ehrenamtliche Funktionärin der weltlichen Schulbewegung.

Diese Tätigkeit erstreckte sich von 1922 bis 1931. Adelheid bezeichnete sie später in ihrem Tagebuch als die schönste Zeit ihres Lebens, eine Kampfzeit. ...

Als auf den letzten Bundestagen - in Erfurt 1930 und in Bad Salzelmen bei Magdeburg 1931 - vor Auflösung der weltlichen Schulbewegung durch den Faschismus die SPD-Parteiführung die Vorherrschaft im Bund an sich gerissen hatte, gab Adelheid ihre Mitarbeit auf. Im Jahre 1931 wurde sie Mitglied der Kommunistischen Partei Deutschlands..
 

1931 ff

Anfang September 1931 wurde sie in die KPD aufgenommen.  »Die Rote Fahne« vom 4. September 1931 berichtete ausführlich über dieses Ereignis. Adelheid richtete einen Offenen Brief an die SPD-Arbeiter, in dem es hieß, die Sozialdemokratische Partei, die 11.Internationale haben dem Marxismus endgültig abgesagt. Dadurch seien die Führer der SPD bei der immer größeren Zuspitzung der Klassengegensätze endgültig ins feindliche Lager übergegangen.  Sie rief die sozialdemokratischen Parteigenossen auf, aktiv für den Sturz des Kapitalismus, für die Befreiung der Arbeiterklasse und für ein sozialistisches Deutschland zu kämpfen....

Mit Stolz und Freude erinnerte sich Adelheid in ihrem späteren Leben immer wieder daran, daß ihr Wirken in der KPD von Ernst Thälmann in seiner Rede »Der revolutionäre Ausweg und die KPD«, die er auf der Tagung des Zentralkomitees am 20. Februar 1932 gehalten hat, ausführlich gewürdigt wurde. Ernst Thälmann sagte wörtlich: »Die Bezirksleitung (Niederrhein], unter Führung des Genossen Schulte, arbeitete eine scharfe und prinzipielle Plattform aus und schickte als Referentin mit dieser Plattform die Genossin Torhorst, die vor etwa einem halben Jahr den Bruch mit. der Sozialdemokratie vollzogen hat, nach Schwelm. Was geschah? Unsere dortige Ortsgruppe war in ihrer Mitgliederversammlung über die Schärfe unserer Plattform erschrocken. Sie wollten am liebsten die ganze öffentliche Kundgebung ausfallen lassen. Die Genossin Torhorst mußte einen Kampf mit den übrigen Genossen hart durchfechten.  Dann fand die öffentliche Kundgebung statt. Und es gab einen riesigen, überraschenden, einheitlichen Erfolg für uns .... Die Genossen unserer Parteiortsgruppe erklärten dann verständnisvoll: jawohl, die Bezirksleitung hat recht gehabt ... wir haben ... Angst vor einer wirklich revolutionären Politik gehabt. Ich glaube, Genossen, dieses Beispiel ist besonders interessant und lehrreich.« ...

In der Zeit des Nationalsozialismus fand Adelheid Smend Unterkunft in Holland, die bei Marie Torhorst ausführlich beschrieben wird. Nach dem Krieg wollte Marie ihre Schwester bald wiedersehen:.

Bei mir tauchte sofort der Gedanke an Adelheids baldige Rückkehr auf. Aber ich merkte ihren Erst Ende des Jahres 1947 ließ sie mich wissen, daß sie nunmehr imstande sei - zunächst für einen kurzen Aufenthalt -, zu mir zu kommen. Ich war damals, wie schon  erwähnt, Minister für Volksbildung in Weimar und erbat vom Chef der Sowjetischen Militäradministration Thüringen,. Gardegeneralmajor Kolesnitschenko, die Einreisegenehmigung für meine Schwester, die am 18. November 1947 erteilt wurde. ..Im Frühjahr 1949 war es dann soweit: Adelheid kam endgültig zu mir nach Weimar. Auf ihrer Reise hatte sie bei Verwandten in Göttingen Station gemacht.
 

1950 – 1968

 Adelheid hatte inzwischen die Leitung der thüringischen Landesstelle für Museumspflege übernommen. Sie beschäftigte sich mit der Ausbildung neuer beziehungsweise mit der Qualifizierung bisheriger Museumsführer, damit diese eine Einstellung zu ihrer Tätigkeit im Sinne der den Museen gestellten neuen Ziele gewännen. In den vielen kleinen der 66 (!) thüringischen Museen - meistens handelte es sich um Heimatmuseen - wurden damals die Führungen, oft auch die Leitung, einem Lehrer übertragen, dem die Schulbehörde entsprechende Stundenabminderung gewährte....

Adelheid beendete - damals 67jährig - ihre Tätigkeit in Weimar im Juni 1951...1951 begann sie, im Verband der Konsumgenossenschaften auf dem Gebiet der Finanzen Verantwortung zu übernehmen. Ohne Rücksicht auf ihre gefährdete Gesundheit - sie hatte sich während ihrer mehrjährigen Tätigkeit in Havanna eine in Abständen immer wieder ausbrechende Infektion zugezogen - leistete sie eine über alle Maßen anstrengende Arbeit. Zwei Jahre später starb sie.

Adelheid und ich verbrachten in Lehnitz bis zu Adelheids Tod im Dezember 1968 reiche Jahre des Zusammenlebens und -arbeitens.  Adelheid leistete als Rentnerin eine umfangreiche wissenschaftliche und gesellschaftliche Arbeit...[Quelle der Zitate: Marie Torhorst, Erinnerungen, Dietz Verlag Berlin, 1986]