SMEND Marie-647 wurde am 20. Dezember 1855 in Lengerich geboren. Sie starb am 09. Oktober 1881 in Münster
Marie Smend war eng an das Haus ihrer Eltern gebunden geblieben. Sie war „Mariechen“. Immer wieder scheint ihr Name in der Gauhe-Smend-Chronik auf. Besonders eindrücklich sind die Beschreibungen über ihr offensichtlich großes Leiden am Ende ihres nicht einmal 26 Jahre währenden Lebens.Die Chronik bewahrt durch ihre Schilderungen das Andenken an einen jungen Menschen, an den sich sonst wohl kaum einer erinnern würde.
1879
In Halle war [den Eltern Hedwig und Rudolf Smend]am 11. Dezember 1879 die kleine Adelheid geboren, nach den beiden Großmüttern Weymann und Smend Adelheid genannt.. Zur Taufe im Januar reiste [Rudolfs Schwester]Mariechen nach Halle, wo [Bruder] Julius [Smend] damals studierte. Auf der Reise erkältete sie sich, beachtete den Husten nicht, genoss froh und dankbar die Zeit mit der [Freundin und Schwägerin] Hedwig und dem goldenen kleinen Nichtchen....Mit [Bruder] Julius war sie durch die gemeinsamen Interessen, nicht bloß auf musikalischem Gebiete, ganz nahe verbunden. Sie hatten ein Jahr früher schon eine kleine Harzreise zusammen gemacht, waren glückselig am Rhein gewesen, in Bacharach und Oberursel, im Siebengebirge und in Bonn.
Eine Bitte von Direktor J. O. Grimm, doch zur Aufführung der Matthäus Passion rechtzeitig in Münster zu sein, veranlasste schließlich die Abreise. Sie war eine tüchtige Stütze des Chroes seit mehreren Jahren und Nun reiste Mariechen [Smend], des Katarrhs nicht achtend, nach Münster zurück, besuchte treulich alle Proben, die ja, wie wir alle wissen, sehr anstrengend sind. Die Freude über das schöne Gelingen ließ sie den Husten gering achten.
1880
Aber Ostern 1880 musste sie sich legen. Eben vorher war [der] treue Hausarzt und Freund Dr. Arens gestorben und [Fadelheid und Friedrich Smend] und [ihre Tochter]Mariechen, mit Hausmitteln die vermeintliche Erkältung bekämpfend, ließen Wochen vergehen, ehe sie sich entschlossen, den alten Generalarzt Marlitz zu bestellen. Der fand die Lungenspitzen angegriffen, auch Fieber, und verordnete eine Kur in Ems, sobald die liebe Kanke fieberfrei und reisefähig sein werde. Quartier war schon in Ems bestellt, die Reise bestimmt, da kam aufs Neue heftiges Fieber, und alles wurde abgesagt.
Welcher Schmerz das für [Adelheid und Friedrich Smend] war ...! War doch [ihre Tochter] Mariechen das letzte der acht Kinder, das ihnen blieb im Hause und bis dahin wusste man von ihr von keiner Krankheit. Sie war, wenn auch zart, die Gesundeste von [allen Kindern] bis dahin.
[Adelheid und Friedrich Smend] mußten wir immer, im Juli 1880 nach Norderney, und [ihre Tochter] Paula blieb solange in Münster zu [Schwester]Mariechens Pflege, weil [Luise Torhorst] in Ledde fest gebunden war.
Es war eine Angst voller Zeit für Paula [Smend], da in jenen Wochen zum ersten Mal einen Blutsturz kam und die Aufregung über den traurigen Tod von August Niemann ihr schädlich war. [Friedrich Smend sagte] als er Frau L.R. Niemann wieder traf, nur die kurzen Worte: „ liebe Schwester, fragen sie nicht: warum? Nur: wozu?!“ und wie der verwandte Onkel Niemann am ersten Sonntag hernach selbst predigte über Matthäus 14,25 - 27.
Sobald die Großeltern zurück waren von der See, brachte [Friedrich Smend] mit unserer alten Rieke Gries, die einige Jahre bei uns gedient hatte und bereit war, [dessen Tochter] Mariechen zu pflegen diese über Köln, Mainz fahrend nach Soden.
Als Rieke fort musste, kam [Maries Schwägerin] Hedwig [Smend] eine Zeit lang von Basel her, wo die liebe kleine Adelheid ihr und Onkel Rudolf in den ersten Wochen in der neuen Heimat, am 3. Mai 1880, genommen war. Und zuletzt pflegte Laura Lekebusch, die damals noch bei [Adelheids Schwester]Auguste in Barmen lebte, die liebe, geduldige Kranke.
Im Oktober 1880 sah [Luise Torhorst ihre Schwester Marie Smend] in Münster wieder. Inzwischen war ein Ledde [ am 18.8.1880]unser lieber Julius [-686] geboren und auf... ganz besonderen Wunsch [ von Luises Schwester Marie] nach ihrem Lieblings Bruder Julius genannt, was übrigens auch herzlicher Wunsch [von Arnold und Luise Torhorst war]!
Wie erschrocken war [Luise Torhorst] über die Veränderung, die [sie] in.. Angesicht und Haltung traf, sie hatte ihre Stimme, die frische, klangvolle Stimme verloren, konnte nur flüstern. Zu Hilfe (für Maries Mutter Adelheid Smend ] und Unterstützung im Hauswesen war Anna Winwinder aus Racke (?) ins Haus genommen, die trotz mangelhafter Bildung und oft großer Taktlosigkeit doch fünf Jahre lang eine wichtige Stütze im Hause war.
In jener Zeit fuhr [Maries Schwester] Paula Smend öfter nach Münster als [Luise Torhorst], nur an Mariechens Geburtstag an 19. Dezember fanden sich die beiden mit Bruder Julius in Münster zusammen. Es war ein sehr wehmütiger Tag, der [ihnen] unvergeßlich [blieb]. [Ihre Schwester] Mariechen klagte nie, still und tapfer trug sie das schwere Kreuz, das um so schwerer war, weil sie ihre alten Eltern [Adelheid und Friedrich Smend] leiden sah.
1881
[Deren Sohn] Fritz [Smend] hatte den ganzen Winter gekränkelt, [seine Brüder Hermann und ...Julius [Smend] fuhren zu ihm. Am 26. März 1881 ..kam die Depesche mit der Todesnachricht von Dudenrode. [Seine Schwester] Mariechen lag noch zu Bett, als [Luise Torhorst]ihr die Depesche brachte. Bald darauf war sie unten und [Luise] hörte sie noch den Bachschen Satz aus der Matthäus Passion spielen „Was mein Gott will, dass gescheh allzeit“.
Es gab dann in Dudenrode viel Trauriges zu ordnen, für Vater Friedrich Smend viel bitteres durch zu kämpfen. [Sein Sohn] Hermann [Smend] als Jurist und von Natur besonders praktisch begabt, blieb bei [seiner Schwägerin] Gesine [geb. Hoon] und übernahm alle Fürsorge, nahm [seinem Vater Friedrich] alles ab. Dankbar haben [die] Geschwister das anerkannt, ach, und wir ahnten damals alle nicht,,dass neues Leid gerade von ihm [Hermann Smend] auf [ihre Eltern Adelheid und Friedrich Smend] wartete, und mit ihnen auf [deren Tochter] Mariechen, deren letzte Lebenszeit dadurch noch besonders getrübt wurde.
An Himmelfahrt Tag 1881 predigte [Friedrich Smend] in Ledde über Lukas 24,50-53. Mathilde Stoltenius war bei [bei den Torhorsts]und nahm [den] kleinen Hermann [Torhorst-14, damals viereinhalb Jahre alt] mit in die Kirche. [Die Eltern Torhorst] wünschten sehnlichst, dass er einen Eindruck von [seinem] Großpapa im Talar auf der Ledder Kanzel behalten möchte. ..Allen blieb der Tag und die kostbare Predigt unvergeßlich.
[Friedrich Smend] hatte [seine Tochter] Mariechen auf dem Weg nach Ledde zu [seiner Tochter bzw. ihrer Schwester] Paula nach Leeden gebracht, wohin [Luise Torhorst] am Tag nach Himmelfahrt ging, um sie zu sehen. In der Hängematte, mitten im Frühlings schönen Garten fand [Luise] sie, sich wehmütig der Pracht freuend. Sie sprach [Luise gegenüber] da gleich die dringende Bitte aus, doch in den ersten Junitagen für drei bis vier Wochen mit ihr nach Soden zu gehen. Zu erst sah [Luise] keinen Rat dazu, war doch [Luises Sohn] Julius kaum dreiviertel Jahr alt und die kleine Schar von fünf Kindern lag [ihr] schwer auf. Die treue Helene Klostermann aus Brake war seit Ostern bei [den Torhorsts in Ledde], und [Arnold Torhorst], der [seiner Schwägerin] Mariechen zuliebe, [Luise] gern entbehrte, redete [ihr] zu.
So fuhr [Luise] über Bonn wo [sie] die erste Nacht blieben, nach bewegten Abschied von den Eltern in Münster, mit der totschwachen teuren [Schwester]Mariechen nach Soden. Unterwegs wurde sie einmal fast ohnmächtig, ging aber doch in Bonn an [Luises] Arm durch Klag’s Garten mit auf den alten Zoll, den sie besonders liebte.
Am folgenden Abend kamen [sie] ans Ziel. Noch spät bat[Luise]Dr. H. Hilenius um seinen Besuch, und als er nach der Untersuchung hinaus ging, sagte er [ihr] im Hausflur mit bitterem Vorwurf, wie [sie] es habe wagen können, mit der sterbenden kranken Schwester zu reisen! Er fürchte, sie werde nicht mehr heimkehren. So nahe, so schwer hatte [Luise] die Gefahr nicht gesehen.
Es folgten Angst vor Tage und noch schwerere Nächte. Frl. Emma Owerweg (?), die alte münstersche Freundin [von Luise Torhorst], die mit einer anderen Dame in Soden war, blieb [Luises] einzige äußere Hilfe, denn täglich kam sie; auch ein Besuch von [ihrer Tante bzw. der Schwester ihrer Mutter Adelheid]Auguste [Lekebusch, geb. Gauhe] und [deren Tochter] Clara aus Nauheim her erfreute [die beiden Schwestern].
[Schwester]Mariechen und [Luise Torhorst] hatten sonst eine sehr friedliche Zeit, [sie] verstanden [sich]ohne viel Worte, und [Luise hat] bewundert, wie tapfer, stark und groß [Mariechen] den bitteren Kampf um ihr junges, reiches Leben dort durchgekämpft hat, wie voll Frieden sie war. [Ihr Bruder] Julius brachte Anfang Juli [ihre Schwester] Paula, die dann die Pflege übernahm, und [Luise] reiste mit ihm bis Paderborn, wo er damals Hilfsprediger war, und weiter allein nach Münster, wo die [Eltern Adelheid und Friedrich Smend] auf gute Nachrichtenhofften, und [Luise] nur Betrübendes melden konnte.
Am folgenden Tag reisten [Friedrich und Adelheid Smend] zu so dringend nötigen Erholung an die See nach Norderney. [Luise] packte mit [ihre Mutter Adelheid] die Koffer, schloss mit Anna Winwinder das Haus und fuhr dann nach Ledde zu [ihrem Mann Arnold] und [ihren] Kindern, die ...alle frisch und gesund geblieben [waren].
[Luises Schwester] Paula wurde in Soden von [Bruder] Julius abgelöst, der Anfang September [seine Schwester] Mariechen nach Münster zurückgeleitete. Die Schwäche nahm dort sehr schnell zu, aber [die ganze Familie] waren mit ihr dankbar, dass sie daheim sein durfte, von der zartesten, treuesten Liebe umgeben. Oft waren [die Schwestern] Paula und [Luise] bei ihr, zuletzt fuhren [sie] am 8. Oktober auf ein Telegramm hin nach Münster. Es war Samstag. Schwester Clara und Schwester Johanna aus dem Krankenhaus hatten nachts abwechselnd gewacht. [Ihre Schwester] Mariechen sah mit vollem Bewusstsein das Ende kommen, bat, dass wir alle kommen möchten. Der teure [Vater Friedrich Smend] nahm sie in seinen Arm und sagte ihr christliche Trostworte..Und alle grüßte sie mit ihren lieben Augen der Reihe nach. Ihr letztes vornehmliches Wort war: „ Papa, kannst du mich auch noch halten?“ Dann kam die ... in der frühen Morgenstunde des Sonntags ( 9. Oktober).
In der Kirche sangen man den Vers „Was ich strahlen sah am Thron, ist es nicht die Siegerkrone? Was von jenen Höhn ich höre..usw.“ Viele kamen hernach zur Familie Smend, hatten sich [über das Lied] gefreut im Andenken an ..Mariechen [Smend]
Am 12. Oktober hielt [Vater Friedrich Smend] mit [der Familie] eine kleine Gedächtnisfeier an ihrem Sarge und sprach von ihrem ritterlichen Ringen und Stillesein. [Pastor]Niemann, der sie konfirmiert hatte, hielt die kurze Rede voll Wärme. [Quelle: Gauhe- Smend-Chronik]
Marie Smend wurde 25 Jahre alt.
|