Als politisch engagierter Mitbürger, etwa als Stadtverordneter o.dgl. ist Wilhelm Thomas nach Auskunft des Kasseler Stadtarchivars Klaube [2007] nicht in Erscheinung getreten. Aber sein Engagement als Standesvertreter lässt sich anhand der Dokumente recht gut nachzeichnen.
Apotheker-Verein Kurhessen-Waldeck
Im Jahr 1899 müssen im „Apotheker-Verein des Kreises Hessen-Waldeck“ Wahlen stattgefunden haben, die dazu führten, dass Wilhelm Thomas die Leitung des Apotheker-Vereins angetragen wurde. Natürlich musste alles seine Ordnung haben und natürlich musste ganz offensichtlich erst einmal aus Berlin alles seine Ordnung bekommen. Mit Schreiben vom 12. Dezember 1899 bekommt Wilhelm Thomas von dem Vorstand aus Berlin seine Wahl bestätigt.
„Vorstand des Deutschen Apotheker-Vereins. Berlin, den 18. Dezember 1899. Herrn Apothekenbesitzer W. Thomas, Cassel, Adler-Apotheke. Sehr geehrter Herr Kollege! Der Vorstand des Deutschen Apotheker-Vereins hat gern davon Kennntnis genommen, dass Sie das Amt eines Vorstehers des Kreises Hessen-Waldeck zu übernehmen sich bereit erklärt haben. Im Namen des Vorstandes bestätige ich Ihre Wahl und bitte Sie um eifrige Mitwirkung bei unserer gemeinsamen Arbeit. Hochachtungsvoll, Der Vorstand des Deutschen Apotheker-Vereins, Bellingrodth [?] Vorsitzender“
Prüfungskommissionen
In der Folge muss Thomas seine Arbeit recht gut gemacht haben, denn seine Funktion behielt er bis 1905 bei. Durch diese Arbeit kam er auch in viele andere Funktionen hinein. Seine Aufgabe als stellvertretendes Mitglied der Prüfungskommission - offenbar erstmals 1901 -für die Ausbildung des Apothekernachwuchses ist vielfach durch Dokumente belegt.
„Der Regierungspräsident A II Nr.3540, Cassel, den 6. April 1901.Gemäß § 1 der Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 13. November 1875 habe ich Sie zum stellvertretenden Mitglied der Apotheker-Gehülfen-Prüfungskommission für die Jahre 1901,1902 und 1903 ernannt. Zu derselben gehören: Als Vorsitzender: Regierungs- und Medizinal-rath Dr.Liedamgrotzky, Stellvertreter: Kreisarzt Dr. Dreising, als Mitglieder Medizi-nalassessor Apotheker Looff und Hofapo-theker Nagell hier. Die Prüfungen finden in der zweiten Hälfte der Monate März, Juni, September und Dezember statt. Unterschrift.“
Der in der vorstehenden Urkunde vom April 1901 genannte Liedamgrotzky war vier Monate zuvor in seiner Funktion als Regierungs-und Medizinalrath mit einem doch deutlich formulierten Schreiben an den Herrn Kreisphysikus des Kreises Cassel-Stadt hervorgetreten. Er mahnte die Ergebnisse der Apothekenvisitationen an. Dazu gab und gibt es eine Akte „Visitation der Apotheken in der Stadt Cassel“. Der Wortlaut des Schreibens:„Die Erledigung der Verfügung vom 5. Januar 1894 – No. AII 50 - [?]..16.Juli 1900 – AII 8288 – betreff: Die Vorlage des Berichtes und der Liquidation über die jährliche Musterung der Apotheken pp bringe ich hierdurch in Erinnerung und sehe derselben binnen 7 Tagen entgegen“.
Die auf der ersten Seite unleserliche Antwort ist auf der zweiten Seite umso klarer:„Da ich über die [?] dieser Musterungen keine Notizen gemacht habe, so bin ich nicht in der Lage, eine Liquidation aufzustellen“.
Kaum vorstellbar in Preußen: Eine Anordnung wird nicht befolgt? Es gab also Kontrollen, aber ohne nachprüfbares Ergebnis?..
Apothekerkammer Hessen-Nassau
Eine für die Apotheker in Preußen umwälzende Neuerung kündigte sich im Februar 1901 an: Es sollte eine Standesvertretung der Apotheker ins Leben gerufen werden. Zwar dauerte es bis zum ersten Wahlaufruf noch neun Monate, aber es sollte ja auch alles ordentlich vorbereitet sein. Die Vorbereitungen in „Cassel“ dokumentieren vier Seiten, die im Stadtarchiv Kassel überliefert [Staatsarchiv Marburg, Best. 175 /809] sind.
- Der Minister informiert die Oberpräsidenten am 23. April 1901,
- diese lassen ihre Regierungspräsidenten die entsprechenden Aufträge, in diesem Falle am 30.Mai 1901 an den Polizeipräsidenten von Kassel erteilen.
- Der Königliche Polizeipräsident wiederum beauftragt am 6. Juni 1901 den Kreisarzt (genauer Titel „Königlicher Kreisarzt“)Dr. Rockwitz eine Liste der Apotheker zu fertigen und schnellstens vorzulegen,
- der wiederum hat am 8. Juni 1901 eine Rückfrage an den Polizeipräsidenten, ob nicht das Einwohnermeldeamt inaktive Apotheker ausfindig machen könne.
- Der Polizeipräsident sendet diese Rückfrage am 11.Juni 1901 an das Einwohnermeldeamt,
- das seinerseits am 12.6.1901 vermeldet, dass nichts zu vermelden sei.
Auf Platz 4 der Vorschlagsliste also wird Wilhelm Thomas genannt. Im November 1901 unterzeichnet er als Kreisvorsteher des Apothekervereins Kurhessen-Waldeck den Wahlaufruf zur ersten Apothekerkammer, der ihn selbst zugleich als einen Kandidaten für die Apothekerkammer benennt. Es muss also eine entsprechende Vorabstimmung der Apotheker zumindest in Kassel gegeben haben
Die Wahl zur Apothekerkammer ging für Thomas gut aus. Er wurde gewählt und – natürlich – erst einmal bestätigt:
„Der Regierungspräsident AII 13369, Cassel, den 27, November 1901. Eure Wohlgeboren setze ich hierdurch gemäß § 6 Absatz 5 der Verordnung vom 2. Februar 1901 (G.V.V.49), betreffend die Einrichtung einer Standesvertretung der Apotheker davon in Kenntnis, dass Sie nach Maßgabe der abgebenen Stimmen zum Mitgliede der Apothekerkammer für die Provinz Hessen-Nassau gewählt sind. Ich fordere Sie demgemäß auf, mir innerhalb 8 Tagen anzuzeigen, ob Sie die auf Sie gefallene Wahl annehmen oder ablehnen. Geht die geforderte Erklärung in dem genannten Zeitraum nicht ein, so gilt die Wahl als abgelehnt. Unterschrift. An den Apothekenbesitzer Herrn W. Thomas hier“
Die Regierung richtete Apothekerkammern ein und hatte – s.o. – zugleich bestimmt, dass immer ein Regierungsvertreter anwesend sein sollte. Auch bei der ersten Sitzung der Apothekerkammer nach den Wahlen vom November 1901:
„Der Ober-Präsident der Provinz Hessen-Nassau Nr. 190, Cassel, den 5. Januar 1902. Gemäß § 7 der Verordnung vom 2.Februar 1901 (Gef.V.V.49) betreffend die Einrichtung einer Standesvertretung für Apotheker habe ich eine Sitzung der Apothekerkammer für die Provinz Hessen-Nassau auf Mittwoch, den 29.d.Mts [Januar 1902] vormittags 11 Uhr im Sitzungssaale der hiesigen Regierung (Schlossplatz) mit der nachfolgenden Tagesordnung anberaumt und lade Sie zu derselben ergebenst ein. Sollten Sie am Erscheinen verhindert sein, so wollen Sie mir hiervon behufs Einladung eines Stellvertreters gefälligst rechtzeitig Anzeige machen. Unterschrift (Zedlitz) Tagesordnung.
- Beschlussfassung über die Zahl der zu wählenden Vorstandsmitglieder und Stellvertreter der Apothekenkammer,
- Wahl des Vorsitzenden und der Mitglieder des Vorstandes sowie der Stellvertreter,
- Wahl eines Delegierten der Apothekerkammer für den Apothekenkammer-Ausschuß in Berlin.
An das Mitglied der Apothekerkammer Herrn Apothekenbesitzer Thomas“
Die Hierarchie im Preußischen Staat auf Landesebene muss man sich so vorstellen: Der Landkreis war dem Regierungspräsidenten unterstellt, der die Fachaufsicht hatte. Dieser wiederum dem Oberpräsidenten, den man sich mit seiner Behörde, so der Kasseler Stadtarchivar, eher als eine Durchgangsbehörde vorstellen muss, die aber in Kultusangelegenheiten durchaus sehr aktiv war. Ihr Platz war im Regierungsgebäude oberhalb der Fulda, nur wenige Gehminuten von der Adler-Apotheke entfernt.
Die Königliche Order zur Bildung und Wahl von Apothekerkammern fand nach längerer, im Preußischen Geheimen Staatsarchiv in Berlin dokumentierten Entwurfsphase mit immer neuen Anmerkungen und Veränderungen, schließlich am 2. Februar 1901 ihre endgültige Fassung. Sie wurde im Gesetzblatt veröffentlichte und daraus ergab sich dann die Aufforderung an alle Königlichen Oberpräsidenten, die für ihre Länder die „allgemeine Staatsaufsicht“ hatten, für die Wahl der Apothekerkammern zu sorgen. Die Unterlagen zu diesen Vorgängen und auch zu den nachfolgenden Angaben finden sich in Berlin im Geheimen Preußischen Staatsarchiv, das der Autor für diese Recherchen aufsuchte:
Die Hessen im nationalen Apothekerkammerausschuß
Bestandteil der Order war, dass auf Reichsebene ein Apothekerkammer-Ausschuss mit je einem Vertreter und einem Stellvertreter aus den Ländern gebildet werden sollte. [Quelle: Preußisches Geheimes Staatsarchiv, GstA, Rep 76 Kulturministerium, VIII B, Nr. 1038 – vom Autor eingesehen am 7.2.2008].
Für Hessen-Nassau war Wilhelm Jacob Thomas nicht der Delegierte, sondern der Apotheker Dr. Brackebusch aus Wiesbaden. Sein Stellvertreter war Dr. Rüdiger aus Homburg v.d. Höh. Warum Wilhelm Thomas neben dem Vorsitz der Apothekerkammer nicht in Personalunion das Amt bekleidete? Eine Erklärung mag sein, dass er gesundheitlich schon damals nicht auf der Höhe war. Rückschlüsse auf die Probleme der Apotheker in Hessen-Nassau gibt die erste Tagesordnung für den nationalen Apothekenkammer-Ausschuß.
Für die erste Sitzung in Berlin gab es eine umfangreiche Tagesordnung mit 17 Punkten beteiligt. Hessen-Nassau allein war an 13 Anträgen beteiligt oder stellte sie allein. Mit anderen Worten: Die Apothekerkammer Hessen-Nassau – eben unter Vorsitz von Wilhelm Thomas - war diesbezüglich die eifrigste des Reiches.
Die Themen der von Hessen-Nassau unterstützten oder selbst eingebrachten Anträge sind durchaus bemerkenswert, einige (zum Beispiel 4,6,9,10) könnten sich aus den Interessen von Wilhelm Thomas ergeben haben:
-Aufhebung des Verbots der Apothekenverpachtung. Mit Zustimmung verabschiedet. -Revision der Apothekenbetriebsordnungen. Mit 9:3 abgelehnt. -Ausscheiden der Apotheker aus den Handelskammerverbänden. Befürwortet -Verlangen nach Gehör für die Kammern beim Oberpräsidenten bei Neuanlage oder Verlegung von Apotheken. Befürwortet -Verkürzung der als zu lang angesehenen Ausbildung neuer Apotheker, da dadurch in der Übergangszeit Gehülfen fehlen. -Befürwortet an Kammern verwiesen. -Anstellung beamteter Apotheker bei den Bezirksregierungen. Befürwortet. (-Antrag nur von Hessen-Nassau) Der Apothekerkammer-Ausschuß soll an die Stelle der Technischen Kommission für pharmazeutische Angelegenheiten und des Apothekerrates treten. Wurde als „zu früh“ eingeschätzt und an die Kammern zurückverwiesen. (-Hessen-Nassau allein) Die gerippten Flächen an den Arzneigläsern für äusserliche Mittel sollen durch ebene Flächen ersetzt werden. Ausschuß empfiehlt Ablehnung. -(Hessen-Nassau allein) Bildung einer Invaliditäts- und Altersversicherung. Wurde einstimmig angenommen, man sah aber Probleme, da die Apothekerkammern nicht das Recht der Umlagefinanzierung hatten (siehe unten). -(Hessen-Nassau allein) Konzessionsertheilung, dass Witwen und Waisen die Nutznießung der Apotheke nach preußischen Regeln haben dürfen. Hier war Hessen-Nassau offensichtlich „nicht im Film“, denn der Antrag wurde zurückverwiesen, da das für Preußen bereits geregelt sei. -(Hessen-Nassau und Westfalen) Einführung einer Nachttaxe für Apotheken. Wurde abgelehnt. -(Hessen-Nassau allein)Verbot der Zurücknahme von gebrauchten Arzneigläsern. Wurde an die Apothekenkammern zurückverwiesen, eine Annahme dieser Regel aber ausdrücklich nicht empfohlen. -Aufhebung des Verbots der Apothekenverpachtung. Mit Zustimmung verabschiedet. -Revision der Apothekenbetriebsordnungen. Mit 9:3 abgelehnt. -Ausscheiden der Apotheker aus den Handelskammerverbänden. Befürwortet -Verlangen nach Gehör für die Kammern beim Oberpräsidenten bei Neuanlage oder Verlegung von Apotheken. Befürwortet -Verkürzung der als zu lang angesehenen Ausbildung neuer Apotheker, da dadurch in der Übergangszeit Gehülfen fehlen. -Befürwortet an Kammern verwiesen. -Anstellung beamteter Apotheker bei den Bezirksregierungen. Befürwortet. -(Antrag nur von Hessen-Nassau) Der Apothekerkammer-Ausschuß soll an die Stelle der Technischen Kommission für pharmazeutische Angelegenheiten und des Apothekerrates treten. Wurde als „zu früh“ eingeschätzt und an die Kammern zurückverwiesen. -(Hessen-Nassau allein) Die gerippten Flächen an den Arzneigläsern für äusserliche Mittel sollen durch ebene Flächen ersetzt werden. Ausschuß empfiehlt Ablehnung. -(Hessen-Nassau allein) Bildung einer Invaliditäts- und Altersversicherung. Wurde einstimmig angenommen, man sah aber Probleme, da die Apothekerkammern nicht das Recht der Umlagefinanzierung hatten (siehe unten). -(Hessen-Nassau allein) Konzessionsertheilung, dass Witwen und Waisen die Nutznießung der Apotheke nach preußischen Regeln haben dürfen. Hier war Hessen-Nassau offensichtlich „nicht im Film“, denn der Antrag wurde zurückverwiesen, da das für Preußen bereits geregelt sei. -(Hessen-Nassau und Westfalen) Einführung einer Nachttaxe für Apotheken. Wurde abgelehnt. -(Hessen-Nassau allein)Verbot der Zurücknahme von gebrauchten Arzneigläsern. Wurde an die Apothekenkammern zurückverwiesen, eine Annahme dieser Regel aber ausdrücklich nicht empfohlen. -(Hessen-Nassau allein)Apotheker sollten bei der Abgabe von Medikamenten nicht an eine bestimmte Handelsmarke gebunden sein. Ebenfalls: Zurückverweisung an die Apothekenkammern mit der ausdrücklichen Empfehlung, diesen Vorschlag nicht anzunehmen.... [Quelle: Preußisches Geheimes Staatsarchiv, GstA PK, Rep.76, Nr. 1040 Apothekerkammer Ausschuß – 7.2.2008]
Die in Punkt 9 angesprochene Umlagefinanzierung war für alle Kammern ein wichtiger Punkt, den sie ändern wollten. Offenbar wurden die Beiträge nicht ordentlich bezahlt. Eine Statistik aus den Jahren des Vorsitzes von Wilhelm Thomas, die zur Untermauerung späterer Anträge zur Umlagefinanzierungsmöglichkeit der Arbeit der Apothekerkammern, auch für Hessen-Nassau angefertigt wurde, zeigt, dass die Zahlungsmoral offensichtlich extrem bescheiden war. In den ersten Jahren war diese Moral in Hessen-Nassau im Vergleich zu den meisten anderen Ländern besonders schlecht, später besserte es sich.
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1902
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1903
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1904
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1905
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1906
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Zahl der Wahlberechtigten
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474
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429
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404
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375
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360
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Gezahlte Beiträge
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361
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299
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285
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281
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264
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Ausgefallene Beiträge in Summe
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113
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130
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119
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94
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96
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Ausgefallene Beiträge in %
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23,8
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30,3
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29,5
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25
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26
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[Quelle: Preußisches Geheimes Staatsarchiv, GstA PK, Rep.76,Nr. 1040 Apothekerkammer Ausschuß – eingesehen am 7.2.2008]
Ob die relative Besserung der Zahlungsmoral darauf zurückzuführen ist, dass Wilhelm Thomas dann nicht mehr Vorsitzender war....?
Wilhelm Thomas repräsentierte ganz offensichtlich mit Freude und mit Erfolg, auch wenn er nicht in Berlin an den Sitzungen des Reichs-Apothekerkammer-Ausschusses teilnahm. Vielleicht war es auch nur Klugheit: Macht verteilen und unnötige langatmige Sitzungen vermeiden...
Im März 1903 wurde eine Einladung zur Jubiläumssitzung der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte, an der auch Wilhelm Thomas beteiligt war, für den September des Jahres 1903 in Cassel verschickt. Zur Sitzung der 13. Hauptgruppe des Kongresses, nämlich für „Pharmacie und Pharmakognosie“ wurde von den Apothekern aus Kassel vorbereitet . Ob und ggf. welche Rolle Wilhelm Thomas des weiteren bei diesem Kongreß gespielt hat, ist ohne weiteres Studium der Unterlagen in den Archiven der Gesellschaft der Naturforscher und Ärzte nicht erkennbar.
Unterdessen gingen die normalen Geschäfte des Apothekers Wilhelm Thomas weiter. Einladungen zur Prüfungskommissioliegen aus den folgenden Jahren, ebenfalls alle sorgfältigst aufgehoben, belegen sein Engagement und seine Bereitschaft, mitzuwirken.
„Der Regierungspräsident AII Nr. 10683, Cassel, den 8. September 1903 Ich ersuche ergebenst, an der nächsten Apothekergehülfenprüfung am 28. und 29. d. Mts. als Mitglied der Prüfungs-Kommission teil zu nehmen. Anfang der Prüfung am 28. September, vormittags 9 Uhr im Sitzungssaal der königlichen Regierung 1. Stock, Zimmer Nr. 18. Die Arbeitsbücher für die zur Prüfung angemeldeten Lehrling Valerian Kiliszewkis, Wilhelm Fischer, Peter Gilen, Wilhelm Loeser, Georg Ritting und Carl Lantz aus Jesberg bzw. Fritzlar, Gudensberg, Neuhof, Elgershausen und Kirchhain füge ich zur Kenntnisnahme und Weitergabe an den Hof-Apotheker Herrn W. Nagell hier bei. In Vertretung Unterschrift”
Wahl zum Preußischen Abgeordnetenhaus
Ein besonderes Ereignis war zweifellos die Einladung zur Wahl eines Abgeordneten zum Preußischen Abgeordnetenhaus, die Wilhelm Thomas im November 1903 erreichte:
„Einladung. Zur Wahl eines Abgeordneten zum Preußischen Abgeordnetenhause, welche am Freitag, den 20.November 1903, vormittags 10 Uhr im großen Saale des Stadtbaues an der Fuldabrücke stattfindet, werden Sie hierdurch ergebenst eingeladen. Cassel, den 15. November 1903. Der Wahlkommissar für den III. Wahlbezirk des Regierungsbezirks Cassel (Stadtkreis Cassel), Unterschrift [?], Oberbürgermeister. An den Wahlmann Herrn Apotheker Wilh. Thomas hier, Fuldabrücke 8. Nr. 12569 I/03“
Zur Wahl des Abgeordneten in Kassel musste sich Wilhelm Thomas also im Großen Saal des Stadthauses von Kassel einfinden. Der Weg war nicht weit: Er musste nur die Fuldabrücke vor seinem Hause nutzen, um auf die andere Seite der Fulda zu gelangen.
Die letzten Jahre in Kassel
Nach dem Verkauf der Adler-Apotheke und dem zuvor bereits erfolgten Umzug in die Maulbeerplantage war Wilhelm Thomas offensichtlich weiterhin verbandspolitisch und gelegentlich auch als Apotheker tätig.
Dennoch: Für die Apothekerkammer war er noch tätig. Der Aufruf für die neuen Nominierungen ab 1905 erschien im Oktober 1904 in der Zeitung. Erhalten ist der Aufruf in den Akten, weil man sich offensichtlich zwischen den Behörden nicht einig über die Zuständigkeit für die Kosten war.
Vor der Sitzung der neuen Apothekerkammer ging es aber mal wieder um die Prüfungskommission. Aus der Anfrage erfahren wir, dass der nunmehr 56 Jahre alte Thomas offensichtlich gesundheitliche Probleme hatte.
„Der Regierungs-Präsident. AII Nr. 13338. Cassel, den 8. November 1904. Infolge der neuen Prüfungsordnung für Apotheker vom 18.Mai 1904 hat, an die Stelle der früheren Prüfungskommisision für Apothekerlehrlinge, der Sie bisher als stellvertretendes Mitglied angehören, eine Prüfungskommission für die pharmazeutische Vorprüfung zu treten. In der Voraussetzung Ihres Einverständnisses beabsichtige ich Sie auch für diese nun zu bildende Prüfungs-kommission als stellver-tretendes Mitglied zu ernennen. Bevor ich jedoch die Zusammensetzung der Kommission im Amtsblatt veröffentliche, möchte ich mich mit Rücksicht darauf, dass Sie, wie ich höre, aus Gesundheitsgründen vom Fache [?] zurückgetreten sind, darüber vergewissern, ob Sie bereit und imstande sind, gegebenenfalls das Amt eines stellvertretenden Mitgliedes der Kommission anzunehmen, wovon ich mich baldigst zu benachrichtigen bitte. In Vertretung, Unterschrift“.
Thomas sagte offensichtlich zu, seine gesundheitlichen Probleme, deren Ursache und Folgen nicht bekannt sind, standen dem nicht entgegen. Auch seine Arbeit als Vorsitzender der Apothekerkammer verrichtet er weiterhin. Eine Karte von Schloß Linderhof, lediglich adressiert an den „früheren Besitzer der Adler-Apotheke, Cassel, Hessen und von der Post richtig zugestellt, bestätigt die gesundheitlichen Probleme:„Freundlichen Gruß, baldige Besserung wünschen LKahler und Frau“
1904 gab es einen Bericht der Apothekerkammer an den Oberpräsidenten. Aus dem hier wiedergegebenen Dokument gehen Sorgen und Nöte der Apotheker doch deutlich hervor, damit also auch die Sorgen und Nöte des damals obersten Standesvertreters der Apotheker, Wilhelm Thomas. Der Oberpräsident dankte formvollendet für das Schreiben, das die standes-politischen Probleme der Apotheker jener Zeit sehr deutlich macht und einer weiteren Betrachtung, auch der inzwischen zahlreichen universitären Literatur über Apotheken wert wäre.
„Der Regierungs-Präsident J.Nr. Pr. 1 M 363, Wiesbaden, den 2. Februar 1905, Bahnhofstrasse 15. Für die gefl. Übersendung des Berichtes über die dreijährige Tätigkeit der Apothekerkammer für die Provinz Hessen-Nassau beehre ich mich Ihnen meinen Dank auszusprechen. In Vertretung. Unterschrift. An den Vorsitzenden der Apothekerkammer für die Provinz Hessen-Nassau, Herrn Apotheker Thomas in Cassel“
Im November 1904 kam die Mitteilung über seine weitere Teilnahme an den Sitzungen der Prüfungskommission als stellvertretendes Mitglied, nachdem er die entsprechende Anfrage im Frühjahr positiv beschieden hatte.
Nur wenige Monate später jedoch, im April 1905 trat Wilhelm Thomas von seinem Amt als Ärztevereinsvorsitzender von Kurhessen-Waldeck zurück. Er hatte das Amt sechs Jahre ausgeübt. Er bekam auf reich verziertem Briefbogen ein Dankschreiben. Der Vorsitzende des deutschen Dachverbandes bedankte sich zusätzlich mit einem kleinen handschriftlichen Gruß. Darin Gute Wünsche für das Befinden:
„Berlin 2. Mai 05.Lieber Kollege Thomas! Aus Ihrem Schreiben an den Vorstand habe ich mit lebhaftem Bedauern entnommen, dass Ihre Gesundheit Ihnen die Fortführung des ...vorsteheramtes.. [?] nicht mehr gestattet. Ich möchte bei dieser Gelegenheit nicht unterlassen, auch persönlich Ihnen meinen besten Dank für Ihre Bemühungen im Interesse des Vereins auszudrücken und Ihnen gleichzeitig meine aufrichtigen Wünsche für Ihr Befinden zu übersenden. Mit besten Grüßen von Haus zu Haus Ihr Salzmann“
So ganz loslassen konnte Wilhelm Thomas aber nicht. Er machte Vertretungen.„Ich bescheinige hiermit, dass Herr Apotheker Wilhelm Thomas vom 1. Oktober 1904 bis zum 1. April 1905 in Vertretung des erkrankten Anstaltsapothekers sowie im Sommer 1905 auf 3 Wochen bei Beurlaubung des Anstaltsapothekers die Apotheke des Land-krankenhauses zu meiner vollen Zufriedenheit verwaltet hat. Cassel, den 23 Januar 1906. Der Direktor der Landkrankenhäuser. Rosenblatt [?]“
Auch die Tätigkeit in der Prüfungskommission ging noch im Jahre 1906 weiter. Eine letzte Anfrage findet sich in den von Wilhelm Thomas so sorgfältig gesammelten Berufsunterlagen. Die letzte Anfrage stammt vom 16. Januar 1907.
Ob Wilhelm Thomas hier noch weiter tätig war, ist [] nicht bekannt. Nur zwei Monate nach dieser Anfrage, am 14. März 1907 zog er mit seiner Frau Bertha nach Koblenz. Spätestens zu diesem Zeitpunkt dürften alle Tätigkeiten in Kassel beendet gewesen sein. Und damit sehr wahrscheinlich auch das Berufsleben des Apothekers Wilhelm Jacob Thomas.
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